Lebendige Böden: Die Welt unter unseren Füßen

Der Boden unter unseren Füßen ist weit mehr als bloße Erde, Sand oder Gestein. Er ist ein hochkomplexes, dynamisches System, das in vielen Bereichen noch nicht vollständig erforscht ist. Ganz klar ist aber: Gesunde Böden spielen eine zentrale Rolle in unseren Ökosystemen und übernehmen lebensrelevante Funktionen für Pflanzen, Tiere und Menschen.
Sie bieten nicht nur Lebensraum für eine enorme Vielfalt an Organismen, sie bilden auch die Grundlage unserer Ernährung, regulieren den Wasserhaushalt, filtern Schadstoffe und speichern große Mengen Kohlenstoff.
All diese Funktionen sind untrennbar mit dem Vorhandensein zahlreicher kleiner Helfer verbunden, die den Boden besiedeln. Denn der Boden lebt! Milliarden von Bodenorganismen arbeiten zusammen und formen den Boden, wie wir ihn kennen. Ohne sie könnten viele ökologische Prozesse gar nicht stattfinden!
Die Entstehung lebendiger und vielschichtiger Böden ist ein sehr langsamer Prozess, der Jahrhunderte bis Jahrtausende dauert. Umso wichtiger ist es, Böden und deren Lebensgemeinschaften als Lebensgrundlage zu schützen, nachhaltig zu bewirtschaften und ggf. wiederherzustellen.
Wer lebt denn da im Boden?

Foto: Waldboden aus der Nähe
Im Boden herrscht eine extrem hohe Biodiversität vor. Nur eine Handvoll Boden kann mehrere Milliarden Bodenmikroorganismen enthalten! Somit stellt der Boden einen der am dichtesten besiedelten Lebensräume unseres Planeten dar.
Die Gesamtheit der Bodenorganismen wird als Edaphon bezeichnet. Dazu gehören Bodenmikroorgansimen wie Pilze, Bakterien und Algen, auch Bodenmikroflora genannt, sowie Pflanzenwurzeln und die Bodentiere (Bodenfauna). Die Bodentiere werden anhand ihres Durchmessers nochmal in die Mikrofauna (< 0,1 mm), Mesofauna (0,2-2mm), Makrofauna (2-20 mm) und Megafauna (20-200 mm) unterteilt. Zu ihnen gehören die unterschiedlichsten Tiergruppen, darunter Insekten, Spinnentiere, tierische Einzeller, Regenwürmer, Tausendfüßer, aber auch größere Wirbeltiere wie Maulwürfe und Mäuse.
Bodenorganismen werden nicht nur anhand ihrer Größe klassifiziert, auch anhand ihrer Lebensweise. Bodenmikroorgansimen und Bodentiere, die ihr gesamtes Leben, also alle Entwicklungsstadien im Boden verbringen, gehören zu den permanenten Bodenorgansimen. Andere Bodentiere leben nur temporär im Boden und verlassen ihn zu einem bestimmten Zeitpunkt, z.B. nach ihrem Larvenstadium. Wieder andere gehören zu den periodischen Bodentieren, da sie den Boden öfter verlassen und wieder aufsuchen. Bei den alternierenden Bodentieren handelt es sich um Organismen, die sich in ihrer ober- und unterirdischen Lebensweise generationsweise abwechseln.
Übersicht über die Gruppen und einige Vertreter
Mikroorgansimen: Bakterien, Actinobakterien, Pilze, Algen
Mikrofauna (0,002-0,2 mm): Fadenwürmer, Geißeltiere, Wimperntiere, Wurzelfüßer
Mesofauna (0,2-2 mm): Rädertiere, Bärtierchen, Milben, Springschwänze
Makrofauna (2-20 mm): Schnecken, Spinnen, Asseln, Doppelfüßer, Zweiflüglerlarven, weitere Insekten, etc.
Megafauna (20-200 mm): Regenwürmer, Wirbeltiere
Bodenlebewesen und ihre Funktionen

Foto: Regenwurm ©Chesna (Pixabay)
Bodenorganismen übernehmen eine Vielzahl an Aufgaben und sind Schlüsselfiguren in komplexen ökologischen Prozessen und dadurch wichtige Leistungsträger in unseren Ökosystemen. Sie zersetzen organisches Material, zerkleinern Pflanzenreste, durchmischen und durchlüften den Boden, reichern ihn mit Nährstoffen an und bauen Schadstoffe ab. All diese Prozesse fördern die Bodenbildung und sichern die Bodenfruchtbarkeit. Durch ihre Arbeit entstehen Humus, stabile Nährstoffkreisläufe und eine widerstandsfähige Bodenstruktur. Generell gilt: je mehr Leben im Boden vorhanden ist, desto gesünder ist er. Bodenorganismen sind außerdem gute Bioindikatoren für Veränderungen im Boden, ob natürlichen oder anthropogenen Ursprungs.
Zersetzung organischer Substanz und Aufrechterhaltung von Nährstoffkreisläufen
Die Hauptfunktion der Bodenorganismen ist die Zersetzung abgestorbener organischer Substanz, die Bildung stabiler Huminstoffe und die vollständige Umwandlung in anorganische Stoffe. Der Prozess der Zersetzung verläuft in drei Phasen.
Biochemische Initialphase: In der biochemischen Initialphase beginnt der Abbau abgestorbener Pflanzen- und Tierreste, ohne dass ihre Zellstruktur sichtbar zerfällt. Durch chemische Prozesse wie Hydrolyse und Oxidation werden große Moleküle (z.B. Stärke oder Eiweiße) durch Mikroorganismen in kleinere Bestandteile wie Zucker und Aminosäuren zerlegt. Diese können vom Regen ausgewaschen werden. Äußerlich zeigt sich diese Phase zum Beispiel an der Farbänderung von welkendem Laub oder Streu, die den Beginn der Zersetzung anzeigt. Dieser erste Schritt bringt die organische Substanz in eine Form, die sie für die nachfolgenden Zersetzungsprozesse zugänglicher macht.
Mechanische Zerkleinerung: Bodentiere wie Asseln, Insektenlarven, oder Regenwürmer (Vertreter der Makro- und Mesofauna) zerstören dann die Zellverbände des organischen Materials, indem sie es zerbeißen, es fressen und teilweise wieder ausscheiden. Durch die Zerkleinerung vergrößert sich die Oberfläche der organischen Partikel und bietet mehr „Angriffsfläche“ für Bakterien und Pilze.
Mikrobieller Ab- und Umbau: Bei der chemischen Zersetzung übernehmen Mikroorganismen den entscheidenden Teil des Ab- und Umbaus. Sie spalten die organischen Verbindungen mithilfe von Enzymen in ihre Grundbausteine, die ihnen als Energiequelle und zum Aufbau neuer Biomasse dienen. Der übrig gebliebene organische Rest wird weiter enzymatisch zersetzt und zu Kohlendioxid, Wasser und anorganischen Verbindungen wie Ammonium, Phosphat und Nitrat umgewandelt, die als mineralische Nährstoffe den Pflanzen wieder zur Verfügung stehen. Dieser Prozess wird Mineralisation genannt und ist entscheidend für die Nährstoffkreisläufe im Boden.
Bioturbation, Bodenstruktur und Gefügebildung
Damit Böden fruchtbar bleiben und nicht erodieren ist ein stabiles Bodengefüge wichtig. An dessen Aufbau und Erhalt sind Bodenorganismen auf unterschiedliche Weise beteiligt. Bodenalgen bilden zum Beispiel Schleime, die sie vor Austrocknung schützen. Diese Schleime wirken zugleich wie ein Kleber und stabilisieren den Oberboden und schützen so vor Erosion. Gleiches gilt für viele Bodenbakterien, die Sekrete ausscheiden um sich an Wurzeln, Humus oder Bodenpartikeln anzulagern und um sich zu schützen. Nebenbei führen sie zur Bildung von stabilen Mikroaggregaten im Boden. Pilze und ihre Feinwurzeln verstärken die Stabilität wiederum, indem sie das Bodengefüge wie ein Netz durchziehen. Regenwürmer helfen, indem sie im Darm organische und mineralische Bestandteile zu sehr stabilen Ton-Humus-Komplexen mischen und diese ausscheiden.
Durch die grabenden und wühlenden Tätigkeiten einiger Bodentiere wie Regenwürmern, Insektenlarven oder Mäusen kommt es zudem zu einer ständigen Durchmischung und Lockerung des Bodens (Bioturbation). Dabei werden organische Stoffe in tiefere Schichten eingearbeitet, während mineralische Partikel nach oben transportiert werden. Diese Aktivität fördert die Bodenbelüftung, verbessert die Wasserinfiltration und fördert die Entstehung eines Krümelgefüges.
Humus-, Kohlenstoff- und Nährstoffspeicherung
Beim Abbau der organischen Substanz entstehen Zwischenprodukte, die sich mit mineralischen Stoffen vermischen und verkleben, wodurch stabile Ton-Humus-Komplexe und andere Bodenaggregate entstehen, die den Humus vor einem weiteren Abbau schützen. Da über die Hälfte des Humus aus Kohlestoff besteht, tragen die Mikroorganismen somit zur Stabilisierung und langfristigen Speicherung von Humus und Kohlenstoff bei. Zudem können sich Nährstoffe, die nicht direkt von Pflanzenwurzeln aufgenommen werden, an den Ton-Humus-Komplexen besser anlagern und werden so vor der Auswaschung geschützt.
Schadstofffilter
Bodenorganismen tragen entscheiden zur Filterleistung des Bodens bei. Zum einen können sie zum Teil selber Schadstoffe mikrobiell abbauen, zum anderen erhöhen sie durch die Förderung von Ton-Humus-Komplexen die Bindekapazität für Schwermetalle und organische Schadstoffe.
Gesundheit und Versorgung von Pflanzen
Ein intaktes Bodenleben reguliert sich selbst und hält dadurch auch Schädlinge im Gleichgewicht. Denn viele Bodenorganismen stehen in einem natürlichen Räuber-Beute-Verhältnis, wodurch auch krankheitserregende Arten in Schach gehalten werden. Zudem produzieren einige Organismen in der Rhizosphäre (z.B. Mikroben) schützende Stoffe, die die Pflanzenwurzeln stärken und deren Anfälligkeit gegenüber Krankheiten deutlich verringern.
Einige Mikroorganismen leben zudem in Symbiose mit Pflanzenwurzeln. Mykorrhizapilze erweitern zum Beispiel das Wurzelnetzwerk von Pflanzen und verbessern damit die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen, während stickstofffixierende Bakterien Luftstickstoff in pflanzenverfügbare Formen umwandeln. Im Austausch dafür bekommen sie zum Beispiel Zucker von den Pflanzen.
Boden(neu)bildung
Mikroorganismen sorgen für eine Bodenneubildung, da sie während der Zersetzung von organischem Material Säuren bilden und ausscheiden, die das Ausgangsgestein weiter verwittern lassen.
Klimaschutz
Ein gesunder Boden erfüllt die oben genannten Funktionen und trägt damit auch zum Klimaschutz bei. Bodenorganismen stabilisierend den Boden, erhöhen die Infiltration und Wasserhaltefähigkeit und minimieren damit die Erosionsanfälligkeit. In Form von stabilen Ton-Humus-Komplexen wird zudem Kohlenstoff gespeichert, wodurch intakte Böden als Kohlenstoffsenke fungieren.
Einige Beispiele

Foto: Maronen-Röhrlinge (Imleria badia)
Bakterien (Bacteria)
Bakterien sind einzellige Lebewesen und gehören zu den kleinsten, aber auch den am meisten vorkommenden Bodenmikroorgansimen.
Lebensraum: überwiegend im Wurzelbereich (Rhizosphäre) und im humosen Oberboden
Funktion: Zersetzer, Nährstofflieferanten, Nahrung für andere Bodenlebewesen, Schadstofffilterung, wichtige Rolle im Stockstoffkreislauf (Stickstofffixierung)
Besonderheiten: Einige gehen wichtige Symbiosen mit Pflanzen ein. Wie zum Beispiel die Knöllchenbakterien, die eine Partnerschaft mit den Pflanzenwurzeln von Leguminosen pflegen. Im Austausch für Stickstoff, den die Bakterien aus der Luft binden, bekommen sie von der Pflanze Zucker und Wasser.
Pilze (Fungi)

Foto: Steinpilz ©artellliii72 (Pixabay)
Lebensraum: Der oberirdische Teil von Pilzen ist nur der Fruchtkörper. Der größere Teil (das Myzel) wächst im Verborgenen und befindet sich vor allem in den obersten Bodenschichten. Aber auch in tieferen Schichten, in den Wurzelräumen von Bäumen, leben Pilze. Dann meistens in Symbiose mit den Pflanzen.
Nahrung: Pilze ernähren sich heterotroph, d.h. sie sind nicht in der Lage Photosynthese zu betreiben. Sie erhalten ihre Nährstoffe aus der Zersetzung von organischer Substanz und durch Symbiosen.
Funktion: Zersetzer, Nahrung für andere (Boden-)Tiere, Nährstoffspeicher und -lieferant, Schadstofffilterung, biologische Schädlingsbekämpfung
Symbiosen: Zum Beispiel zwischen Pilz und Pflanze: Mykorrhizapilze stehen mit dem Feinwurzelsystem der Pflanzen in Kontakt und liefern diesen Nährsalze und Wasser. Im Gegenzug erhalten sie Produkte der Photosynthese, wie Zucker. Über 80 Prozent der Pflanzen an Land leben in Symbiose mit diesen Pilzen und sind auf den Stoffaustausch angewiesen!
Bodenalgen
Bodenalgen sind eukaryotische, photoautotrophe Mikrooarganismen. D.h. sie besitzen einen Zellkern und benutzen Licht als Energiequelle. Sie gehören zu den Primärproduzenten.
Lebensraum: v.a. in der obersten Bodenschicht aktiv
Funktionen: Primärproduktion von organischer Substanz, Nahrung für viele andere Bodenorganismen, Gefügebildung durch Verkittung, Erosionsschutz, Sauerstoffversorgung, Förderung Pflanzenwachstum
Tierische Einzeller (Protozoen)
Zu den Einzellern im Boden gehören, neben Bakterien, einigen Pilzen und Algen auch Protozoen wie Amöben, Geißel- und Wimperntierchen.
Lebensraum: dünne Wasserfilme im Boden
Nahrung: Bakterien, anderen Einzeller, Pilzen, organischem Material
Funktion: Nährstofflieferant (Mineralisierung), Regulierung Bakterienpopulationen
Fadenwürmer (Nematoden)
Stamm: Fadenwürmer (Nematoda)
Größe: i.d.R. 1-3 mm (je nach Art gibt es auch viel kleinere und Arten, die mehrere Meter lang werden können)
Lebensraum: Wasserfilm an Bodenteilchen und in der Rhizosphäre; es gibt aber auch Arten die Wüsten, Gewässer und Gebirge bewohnen
Nahrung: ganz unterschiedliche Ernährungsformen. Manche ernähren sich von Pflanzenteilen und Algen, andere von Bakterien und Pilzen, wieder andere von Einzellern und Fadenwürmern
Funktionen: Stickstofffreisetzung, generell Nährstofffreisetzung durch Beweidung von Mikroorganismen und dadurch Beschleunigung der Mineralisation
Springschwänze (Collembola)

Foto: Springschwanz ©environmentaleric (Pixabay)
Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda)
Klasse: Springschwänze (Collembola)
Springschwänze sind flügellose Sechsfüßer (Hexapoda).
Größe: ca. 0,1-0,9 mm
Lebensraum: Bodenoberfläche (epedaphische Arten), Streuschicht und oberste Bodenschicht (hemiedaphische Arten), oder tiefere Zonen des Bodens (euedaphische Arten)
Nahrung: Pilze und Bakterien (mikrophag), abgestorbene Pflanzenteile und Falllaub (phytophag), Aas (nekrophag), Kot (koprophag), es gibt aber auch räuberisch lebende Springschwänze, die sich von Nematoden, Bärtierchen etc. ernähren
Funktion: Wichtige Zersetzer, Mineralisierung
Milben (Acari)
Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda)
Milben gehören zur Klasse der Spinnentiere und es gibt sie in sehr unterschiedlicher Funktion und Lebensweise. Viele Arten kommen auch im Boden vor.
Größe: 0,1-30 mm (wobei mit 3 cm eine vollgesogene Zecke gemeint ist)
Nahrung: lebende Pflanzenteile, Mikroorgansimen und Nematoden (zoophag), Kot anderer Tiere und Aas
Funktion: Umsetzung organische Substanz; teilweise Nützlinge
Asseln(Isopoda)

Foto: Rollasseln ©Hans (Pixabay)
Klasse: Krebstiere (Crustacea)
Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda).
Die Landassel ist eine der wenigen Krebstierarten, die dauerhaft an Land lebt.
Größe: 2-20 mm (Landasseln)
Lebensraum: gehören zu den typischen Bodentieren, die den Oberboden und die Streuschicht besiedeln
Nahrung: abgestorbenes Pflanzenmaterial, Pilze, Algen, tote Insekten, Kot
Funktion: Primärzersetzung der Streu, Nährstofffreisetzung, Bildung von Ton-Humus-Komplexen
Regenwürmer (Lumbricus terrestris)

Foto: Regenwurm ©anaterate (Pixabay)
Klasse: Gürtelwürmer (Clitellata)
Stamm: Ringelwürmer (Annelida)
Größe: 4-30cm (variiert sehr stark je nach Art)
Lebensraum/Lebensform: Je nachdem wie tief sie im Boden leben wird zwischen den Streubewohnern (epigäisch), Mineralbodenarten (endogäisch) und den Tiefgräbern (anözisch) unterschieden. Streubewohner leben nah an der Bodenoberfläche in der schon leicht zersetzten Bodenstreu. Etwas tiefer, im Mineralboden, leben die Mineralbodenarten. Sie kommen bis in eine Tiefe von 60 cm vor und sind meist deutlich heller, als die Streubewohner. Die Tiefgräber graben sich bis tief in den Unterboden und errichten dort Wohnröhren, die teils mehrere Jahre bestehen bleiben.
Nahrung: organisches Material, Mikroorgansimen
Funktionen: sehr wichtige Zersetzer, Umlagerung und Durchmischung organischer Substanz, Durchlüftung des Bodens, Erhöhung Infiltration, Verbessert Stabilität und Porosität des Bodens und damit auch die Wasserspeicherkapazität
Regenwürmer verändern das Bodengefüge aktiv. Sie lockern und durchmischen den Boden, wodurch organisches Material eingearbeitet wird und Sauerstoff in den Boden gelangt. Dadurch wird wiederum der Abbau organischer Substanz beschleunigt. Durch ihre grabende Tätigkeit und die dadurch entstehenden Regenwurmlöcher entstehen außerdem kleine Gänge und Hohlräume, die den Pflanzenwurzeln und anderen Bodentieren zugutekommen. Zudem wird die Infiltration erhöht und damit auch der Oberflächenabfluss positiv beeinflusst. Durch ihre Ausscheidungen sind sie an der Bildung von Ton-Humus-Komplexen beteiligt und sie dienen vielen anderen Tieren (Vögeln, Käfern etc.) als wichtige Nahrungsquelle.
Nahrungsnetze und Kreisläufe

Foto: Totholz (Zersetzung)
Die im Boden lebenden Organismen befinden sich untereinander in einem dynamischen ökologischen Gleichgewicht von fressen und gefressen werden und sind durch vielschichtige Nahrungsketten und -netze miteinander verbunden.
Produzenten, Konsumenten und Destruenten
Nahrungsnetze sind komplex und vielfältig, ob über oder unter der Erde. Zur Vereinfachung kann man sich zunächst eine Nahrungskette vorstellen, die aus Produzenten, Konsumenten und Destruenten besteht.
Die Produzenten sind autotrophe Organismen zu denen Pflanzen, Algen und Cyanobakterien gehören. Sie betreiben Photosynthese und erzeugen aus Lichtenergie sowie anorganischen Stoffen (CO₂, Wasser, Mineralsalze) organische Substanz.
Konsumenten hingegen sind heterotroph, d.h. sie benötigen organische Substanz zur Energiegewinnung und zum Aufbau körpereigener Stoffe. Je nach Nahrungsquelle unterscheidet man Phytophagen (Pflanzenfresser) und Zoophagen (Fleischfresser), die direkt oder indirekt auf die Produktion der autotrophen Organismen angewiesen sind.
Am Ende der Nahrungskette stehen die Destruenten (und Reduzenten). Dazu gehören überwiegend Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze. Auch sie sind heterotroph und bauen abgestorbene organische Substanz ab wie etwa Pflanzenreste, Aas oder Kot. Dabei entstehen CO₂ (Kohlendioxid) und H₂O (Wasser) und es kommt zur Freisetzung wichtiger Mineralsalze (z. B. Nitrat, Ammonium), die den Pflanzen erneut als Nährstoffe zur Verfügung stehen. So schließt sich der Kreislauf.
Pflanzen und Bodenorganismen stehen dadurch in einer engen wechselseitigen Beziehung. Pflanzen liefern die Nahrungsgrundlage für das Bodenleben, während das Bodenleben wiederum die Nährstoffverfügbarkeit für das Pflanzenwachstum sichert.
Statt dieser vereinfachten Nahrungskette, in der die Energie linear von Produzenten über Konsumenten zu Destruenten weitergegeben wird, findet man im Boden vielschichtige Nahrungsnetze, die sich aus zahlreichen Organsimen zusammensetzen, die auf mehreren Ebenen (Trophiestufen) gleichzeitig interagieren. Allesfresser ernähren sich zum Beispiel sowohl von pflanzlicher als auch von tiereischer Biomasse, wodurch sie sowohl Primärkonsumenten als auch Sekundärkonsumenten sind und damit wiederum von unterschiedlichen Ernährungsstufen abhängig sind.
Gefährdungen

Foto: Dürre ©daeron (Pixabay)
Der Mensch greift in vielfältiger Weise negativ in den Bodenhaushalt ein, wodurch sich nicht nur die Lebensbedingungen für die Bodenorganismen verschlechtern, sondern auch die Qualität des Bodens beeinträchtigt wird und damit auch die Ökosystemdienstleistungen, die der Mensch in Anspruch nimmt.
Flächenumwidmung, Versiegelung und Intensivierung der Landwirtschaft
In Europa wird jedes Jahr eine Fläche so groß wie Berlin in urbanes Land umgewandelt. Wovon die Hälfte versiegelt wird! Zudem fördert der steigende Lebensmittelbedarf die Umwandlung von extensiv genutztem Grünland in intensiv bewirtschaftete Ackerflächen, die die Gesundheit der Böden und die Aktivität der Bodenorganismen stark gefährdet (s.u.) und zu einem Rückgang der Biomasse im Boden führt.
Mechanische Störungen und Erosion
Durch eine intensive Bodenbearbeitung (z.B. Pflug) wird die belebte obere Bodenschicht in tiefere Schichten verlagert, in denen viele Organismen nicht mehr richtig arbeiten können. Außerdem werden Gänge und Poren zerstört, Regenwürmer verletzt und andere Bodentiere gestört. Auch Pilzgeflechte werden beeinträchtigt, und damit wichtige Symbiosen zwischen Pilzen und Pflanzenwurzeln.
Bodenverdichtung, zum Beispiel durch schwere Maschinen, verschließt die Poren im Boden und wird durch ein geschädigtes Bodengefüge Dadurch kommt es zu Sauerstoffmangel und Wasser kann schlechter versickern, wodurch es zu Staunässe kommen kann und einem erhöhten Oberflächenabfluss. Außerdem bietet verdichteter Boden größere Bodenorganismen kaum noch Lebensraum, da der Energieaufwand für die Fortbewegung zu groß ist.
Beides führt zu einem stark gestörten und instabilen Bodengefüge, mit erhöhtem Erosionsrisiko. Im Zusammenhang mit verstärktem Oberflächenabfluss kann so in kürzester Zeit ein großer Teil des fruchtbaren Oberbodens abgetragen werden.
Pestizide
Insektizide, Fungizide und Herbizide beeinträchtigen nicht nur die Zielorganismen, sondern auch viele andere Bodenorgansimen. Insektizide, können sich zum Beispiel auch auf Springschwänze auswirken, sowie Fungizide auf wichtige Bodenpilze. Mikroorganismen können Pestizidrückstände zwar abbauen, dabei entstehen aber oft neue, teils noch wirksamere Zwischenprodukte. Die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln kann zu einem Biodiversitätsverlust im Boden führen und zu einer Verschiebung des Artenspektrums.
Mineralische Dünung
Durch die zusätzliche Zufuhr von Nährstoffen, nimmt die oberirdische Biomasse zwar zu, allerdings profitieren nur ein paar Arten davon. Während z.B. stickstoffliebende Arten sich vermehren, gehen Arten, die auf nährstoffärmere Verhältnisse angewiesen sind zurück. Dieser Rückgang bzw. die Verdrängung von Arten wirkt sich auch auf die unterirdische Biomasse aus. Stickstoffreiche Pflanzenstreu ist leichter abbaubar, wodurch nur bestimmte Bodenorganismen, die auf den Abbau dieser Biomasse spezialisiert sind, gefördert werden. Organismen, die stabilere Pflanzenteile (Hemizellulose, Lignin) abbauen, gehen hingegen leer aus.
Außerdem schwächen gut versorgte Pflanzen ihre Symbiosen mit Mykorrhizapilzen und stickstofffixierenden Bakterien, was deren Bestände reduziert. Der dichtere Pflanzenbewuchs verändert zudem das Mikroklima (kühler, feuchter), wodurch Insektenlarven in ihrer Entwicklung gestört werden können und Algen die nötige Sonneneinstrahlung genommen wird.
Versauerung
Die Versauerung des Bodens entsteht heute vor allem durch Stickstoffeinträge und Düngung. Sie verändert das chemische Gleichgewicht im Boden und stört das Verhältnis zwischen Pilzen und Bakterien. Dadurch können wichtige Symbiosen, z.B. zwischen Pflanzenwurzeln und Mykorrhizapilzen, gestört werden, wodurch die Pflanzen weniger Nährstoffe erhalten (v.a. Phosphor). Zudem lösen die Säuren bestimmte Salze und Schwermetalle. Dadurch werden zum Teil wichtige Nährstoffe im Boden gebunden und damit für Pflanzen unzugänglich gemacht. Zudem können giftige Metalle (Schwermetalle) freigesetzt werden.
Schadstoffe
Mineralische Düngemittel enthalten Schwermetalle, die sich bei wiederholter Ausbringung im Boden anreichern und das Bodenleben negativ beeinflussen können. Auch Gülle enthält schädliche Stoffe, etwa Rückstände von Medikamenten wie Antibiotika und Antiparasitika, die den Tieren verabreicht wurden. Diese gelangen entweder durch die Ausbringung auf landwirtschaftlich genutzten Flächen oder über die Ausscheidungen der Tiere auf Weideflächen in den Naturhaushalt. Zunehmend bedeutsam ist zudem Mikroplastik, das die Nahrungsnetze im Boden sowohl chemisch als auch physikalisch stört.
Klimawandel
Durch einen Temperaturanstieg im Oberboden und sich verändernde Niederschlagsverhältnisse kommt es zur Veränderung des Mikrobioms im Boden, was sich wiederum negativ auf andere Nahrungsnetze auswirken kann. Zudem beschleunigt sich durch den Temperaturanstieg der Stoffwechsel vieler Bodenorganismen, da die meisten wechselwarm sind. Um den erhöhten Energiebedarf zu decken, wird mehr organische Substanz abgebaut als sonst. Das birgt auch das Risiko eines vermehrten CO2-Ausstoßes in die Atmosphäre. Trockenperioden senken die Bodenfeuchte, wodurch die Aktivität der Bodenorganismen eingeschränkt wird, während Starkregen den gelockerten und instabilen humosen Oberboden abträgt. Zudem können veränderte klimatische Bedingungen die Ausbreitung invasiver Arten fördern, die die heimische Bodenfauna verdrängen.
Relevanz

Foto: Boden
Die Bodenneubildung ist wie eingangs beschrieben, ein sehr langwieriger Prozess. Für die Bildung von mehreren Zentimeter Boden können Hunderte bis ein paar tausend Jahre vergehen. Der Bodenverlust hingegen, geht viel schneller!
Zudem besitzt jeder Boden ein einzigartiges und spezielles Mikrobiom, bestehend aus den dort lebenden Bakterien, Archaeen, Pilzen und Protisten. Es ist geprägt von seiner Entstehungsgeschichte, der spezifischen Struktur, der physikalisch-chemischen Zusammensetzung und der jeweiligen Nutzung unter den gegebenen klimatischen Bedingungen. Dabei handelt es sich um stabile und dynamische Lebensgemeinschaften. Zeitweise kann es zwar zu Veränderungen im Mikrobiom kommen, es findet in der Regel aber immer wieder in den Ausgangszustand zurück. Schwierig wird es, wenn der Mensch mechanisch eingreift und zwar so stark, dass die Bodenstruktur zerstört wird, oder wenn durch das menschliche Zutun große Mengen Schwermetalle in den Boden gelangen. Dadurch kann die strukturelle und funktionelle Zusammensetzung so stark beeinflusst werden, dass es schwierig ist, die Veränderungen wieder rückgängig zu machen.
Der Schutz unserer Böden ist daher essenziell, besonders in Zeiten des Klimawandels! Denn nur lebendige und stabile Böden können Herausforderungen wie Trockenheit, Erosion und Extremwetterereignissen standhalten.
Was können wir tun? – Böden & Bodenbewohner im Alltag schützen

Foto: Waldboden
Jede*r von uns kann im Alltag dazu beitragen, die Böden zu schützen und ihre Gesundheit zu fördern.
Erste Schritte:
Kompostieren
Indem wir organische Abfälle wie Obst- und Gemüsereste kompostieren, fördern wir die Humusbildung und unterstützen unsere Bodenlebewesen durch die Verfügbarkeit von organischer Substanz zum zersetzen. Der Kompost liefert wertvolle Nährstoffe und verbessert die Bodenstruktur, was besonders für die sandigen Böden Berlins von Vorteil ist.
Verzicht auf Schottergärten
Bepflanzte Flächen bieten nicht nur Lebensraum für Bodenorganismen, sondern speichern auch Wasser und verbessern das Mikroklima. Statt Steinen und Kies sollten wir auf unsere heimischen Pflanzen wie das Grasnelke oder die Kornelkirsche setzen, die an die lokalen Bedingungen angepasst sind und den Boden lebendig halten.
Verzicht auf chemische Düngemittel und Pestizide
Diese Substanzen können die empfindlichen Bodenbewohner schädigen und das ökologische Gleichgewicht stören. Stattdessen können wir auf natürliche Alternativen wie Mulch oder Komposttee zurückgreifen, die den Boden schonend mit Nährstoffen versorgen. Auch ein Zuviel an Nährstoffen (Eutrophierung) kann das ökologische Gleichgewicht stören.
Bodenversiegelung vermeiden
Versiegelte Flächen, wie asphaltierte Wege oder gepflasterte Höfe, verhindern, dass Wasser in den Boden eindringt und schränken den Lebensraum für Bodenorganismen ein. Wo möglich, sollten wir versiegelte Flächen reduzieren und stattdessen durchlässige Materialien wie Rasengittersteine oder begrünte Flächen nutzen.

